In Zusammenarbeit mit WDR und der "Süddeutschen Zeitung" hat Panorama in einer monatelangen Recherchearbeit aufgedeckt, wie verseucht deutsche Böden mit PFAS sind. Auslöser war ein Einsatz der Kieler Feuerwehr, die bei einem Großbrand 2009 Löschschaum verwendete, der hochgiftig war. Darin enthaltene PFAS, per- und polyfluorierte Chemikalien, eine Gruppe aus mehr als 10.000 künstlich hergestellten Stoffen sind heute noch in nicht unerheblichen Mengen im Boden vor Ort zu finden. Die Panorama-Recherchen zeigen, wie weit die Verseuchung mit toxischen PFAS in Deutschland vorangeschritten ist. An über 1.500 Orten fand sich in Deutschland das Jahrhundertgift PFAS konzentriert im Boden. Trotz der bekannten gesundheitlichen Gefahren durch PFAS-Chemikalien zeigt das Rechercheteam von NDR, WDR und SZ, dass es dazu keine Regulierungen gibt, auch nicht für unser Grund- und Trinkwasser. Ein großes Problem für Wasserversorger und Verbraucher.[1]
Keine Regulierung von PFAS im Trinkwasser
Deutschlandweit existieren keine einheitlichen Reglungen rund um die Entsorgung von per- und polyfluorierten Chemikalien in Wasser, Luft und Boden.
Im Rahmen der Recherchetätigkeit von NDR, WDR und "Süddeutsche Zeitung" wurden 150 private und kommunale Wasserversorger in Deutschland befragt, inwieweit sie ihr Wasser auf PFAS prüfen. Darunter Wasserversorger die von 2500-740.000 Einwohnern täglich mit Trinkwasser versorgen. Diese vermerkten in ihren Antworten häufig, dass es keinerlei Testpflicht gibt, und antworteten in diesem Kontext: "Auf PFAS wird bisher noch nicht untersucht, da es hierzu noch keine Pflicht gibt"
Eine Änderung dieses Sachverhaltes ist 2026 angedacht, da dann der erste von zwei neuen verbindlichen Grenzwerten für PFAS im Trinkwasser eingeführt werden soll. Der zweite Grenzwert, der maximal 20 Nanogramm pro Liter für vier besonders bedenkliche Stoffe vorsieht, soll 2028 folgen.
Es ist vollkommen paradox, aber was bei Trinkwasserversorgern künftig unter Kontrolle steht, darf an anderen Stelle unreguliert in die Umwelt und somit in unser Wasser gelangen, u. a. PFAS-haltiges industrielles Abwasser oder PFAS-haltige Feuerlöschschäume. Die Umweltminister der Bundesländer baten dazu bereits 2010 die Bundesregierung, einheitliche PFAS-Messverfahren zu etablieren und Grenzwerte zu definieren, bis heute wurde der Forderung keine Folge geleistet.
Industrie mit weitreichendem Einfluss
Zehn Jahre nach dem Verbot der ersten PFAS-Chemikalie im Jahr 2016 veröffentlichte die Länderarbeitsgruppe „Wasser“ einen Report über Mikroschadstoffe Gewässern in Deutschland. Als Reaktion darauf setzte das Bundesumweltministerium eine Arbeitsgruppe ein, in der zahlreiche Industrievertreter, darunter Bayer und BASF sowie der Verband der Chemischen Industrie (VCI), eine "Mikroschadstoffstrategie" entwickeln sollten.
Bereits in einer der ersten Sitzungen der Arbeitsgruppe forderten die Industrievertreter die Ersetzung des Begriffs "Mikroschadstoffe“ mit dem Argument der "Vorverurteilung ihrer Produkte". Stattdessen wurde der "Spurenstoffdialog" ins Leben gerufen, mit der Begründung durch VCI, dass erst dann von "Mikroschadstoffen" ausgegangen werden kann, wenn die betreffenden Substanzen nachweislich gesundheitsschädigend seien.
Verantwortung auf Bürger abgewälzt
Laut Thomas Kullick, einem Industrievertreter und Leiter der Arbeitsgruppe für freiwillige Maßnahmen, ist es angebracht, dass die Bürger für ihre Lebensgewohnheiten und deren Auswirkungen finanziell verantwortlich sind.
Auf der anderen Seite kritisiert Martin Weyand vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (bdew), dass die Industrie sich ihrer Verantwortung entzieht, indem sie weiterhin die Lizenz zur Verschmutzung erhält und Wasserversorger und Verbraucher sich um den Aufwand und die Kosten zur Beseitigung kümmern müssen.
Das Bundesgesundheitsministerium gab auf Anfrage der Journalisten an, dass die Wasserpreise durch die neue Trinkwasserverordnung steigen könnten, und rechnet mit einer Erhöhung von 0,46 Euro bis maximal 4,60 Euro pro Person und Jahr. Allerdings findet eine mögliche Verantwortung der Industrie in Bezug auf die Verschmutzung des Wassers keinerlei Erwähnung. Den Original Tagesschau-Artikel dazu finden Sie online auch unter: Jahrhundertgift PFAS: Auf die lange Bank.
Einsatz und Toxizität von PFAS
PFAS, per- und polyfluorierte Chemikalien werden aufgrund ihrer wasser-, fett- und schmutzabweisenden Eigenschaften in vielen Bereichen eingesetzt unter anderem in Outdoorbekleidung, Pfannenbeschichtungen, Imprägnier Sprays, Kosmetika aber auch im Löschschaum der Feuerwehr.
Je mehr PFAS hergestellt und in den Umweltkreislauf gelangen, desto höher sind die Anreicherungsmengen in Menschen und Tieren.
Lebensmittelchemiker Dr. Stefan Effkemann vom Labor des niedersächsischen Landesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) in Cuxhaven weist darauf hin: „Es ist sehr wahrscheinlich, dass jeder Mensch in Deutschland PFAS-Substanzen in sich trägt, die Stoffe sind quasi überall."
PFAS sind höchst problematisch, denn sie kommen nicht in der Natur vor und werden extrem langsam durch biologische und chemische Prozesse abgebaut, d.h., dass sie sich in der Umwelt und in lebenden Organismen anreichern und toxisch wirken.
So sind einige PFAS-Verbindungen nicht nur bereits als gesundheitsgefährdend eingestuft, sondern stehen in Verdacht verschiedene Krebsarten auszulösen, Leberschäden, Erkrankungen der Schilddrüse und erhöhte Cholesterinwerte zu verursachen sowie die Fortpflanzung zu stören.[2] Die folgende Grafik gibt eine Übersicht über die massiven Gesundheitsauswirkungen.
Quelle Umweltbundesamt: besorgniserregende Eigenschaften von PFAS, Besorgniserregende Eigenschaften von PFAS | Umweltbundesamt
Weiterführende Informationen zu PFAS finden Sie auch in unseren folgenden Blogbeiträgen:
Studie 2022: Regenwasser weltweit nicht trinkbar
Per- und polyfluorierte Chemikalien (PFC) – auch im Wasser angekommen
Chemikalien & Wasserkreislauf: Errungenschaft mit unkalkulierbarem Risiko?
Bayern: Krebserregende Chemikalie PFOA im Trinkwasser
Neuartige und teilweise noch unbekannte Spurenstoffe im Wasser
Trinkwasser Studie aus USA: „Gefährlicher Cocktail aus Chemikalien“
In Deutschland bislang wenig Überwachung zu PFAS
Bislang wenig Beachtung zu diesem Thema fanden Hotspots wie Flughäfen und Militärstandorte, auf denen es bereits zu Einsätzen von PFAS-haltigen Löschschaum kam.
Kaum berücksichtigt wurden bisher auch Kläranlagen und Deponien, bei denen es zu Ansammlungen von PFAS-haltigen Abwässern und Gegenständen kommt.
Öffentlich diskutiert wurde in diesem Zusammenhang auch selten, dass es nur schwer möglich und mit hohen Kosten verbunden ist, PFAS aus dem Wasser von Kläranlagen herauszufiltern.
Die Panorama-Reporter hatten im Rahmen ihrer Recherchen hierzu rund 1.000 derartige Standorte auf die Überprüfung von Wasser oder Böden auf PFAS angefragt. In den meisten Fällen wurden bislang dazu keine Messungen gemacht.[3]
2000 PFAS-Hotspots mit hohem Gesundheitsrisiko gefunden
Bislang erreichte das Thema kaum die Öffentlichkeit und es gelangen allenfalls Informationen zu PFAS-Kontaminationsstellen wie ein Feldin Rastatt in Baden-Württemberg, mit belastetem Papierschlamm oder der Düsseldorfer Flughafen, bei dem nach einem Großbrand PFAS-haltiger Löschschaum in Boden und Grundwasser sickerte, über die Medien an ein breiteres Publikum.
Journalisten von Panorama haben in Kooperation mit WDR und der "Süddeutschen Zeitung" in einem ersten Schritt mehr als 1.500 Orte ausfindig machen können[4], an denen PFAS zu finden sind, darunter über 300 Hotspots.
Darüber hinaus verzeichnete das "Forever Pollution Projects"[5] mit 18 europäischen Partnermedien in ganz Europa mehr als 17.000 Orte mit hohen PFAS Kontaminationen inklusive über 2.000 Hotspots, die erhebliche Gesundheitsgefahren bergen.
Klicken Sie auf den Originalbeitrag und suchen direkt nach Konzentrationen von PFAS in ihrer Lebensumgebung: Jahrhundertgift PFAS: Auf die lange Bank
Recherchen zur Ausbreitung von PFAS schlagen hohe Wellen
Aktuell befassen sich die Medien intensiv mit dem Thema der PFAS Kontamination. Ein Beitrag dazu findet sich auch in der Tagesschau:
Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=UA4VXK0BoN8
Die Original Reportage können Sie in der NDR Mediathek unter folgendem Link abrufen: Jahrhundertgift PFAS: Wie verseucht ist Deutschland?
Trotz der schon in den 1960er-Jahren gemachten Feststellung des Chemieriesen DuPont, dass PFAS bei Tieren Lebervergrößerungen hervorrufen können und späteren Tests, die belegten, dass sich die Stoffe im Blut der Mitarbeiter anreicherten, gibt es bis heute in Deutschland keine systematischen Regeln zur Begrenzung des Gebrauchs und der Entsorgung von PFAS.
Mehrere PFAS-Gruppen stehen seit Jahren im Verdacht, Krebs sowie Unfruchtbarkeit zu verursachen, zur Fettleibigkeit beizutragen und das Immunsystem zu schwächen. Es existiert jedoch weiterhin keine Entscheidung über ein Verbot von PFAS und die nächste Prüfung ist frühestens für das Jahr 2025 vorgesehen.[6]
Der Gegenwind dazu ist groß, denn gegen ein mögliches Verbot der PFAS-Gruppen kämpfen laut der Recherche der Journalisten etwa 100 Lobbyverbände und Firmen, darunter auch große deutsche Unternehmen wie Bayer und BASF.[7]
Tatsächliches Ausmaß der PFAS-Belastung möglicherweise erst in Jahren deutlich
Es ist sehr wahrscheinlich, dass das tatsächliche Ausmaß der PFAS-Verschmutzung in Deutschland erst in vielen Jahren deutlich wird, da es einige Jahrzehnte dauern kann, bis die Substanzen durch den Boden ins Grundwasser gelangen. Ein Beispiel dafür ist das Pflanzenschutzmittel Atrazin, das jahrelang eingesetzt und großflächig verwendet wurde. Heute gilt es als am häufigsten im Grundwasser nachgewiesener Wirkstoff, obwohl es bereits 1991 verboten wurde.[8]
Lösungsansätze zu PFAs für Konsumenten
PFAs sind weit in unsere Umwelt vorgedrungen und landen früher oder später im Wasserkreislauf und somit auch im Leitungswasser oder Mineralwasser. Die begrenzten Untersuchungen und die aktuellen Recherchen zu per- und polyfluorierten Chemikalien (PFC) zeigen derzeit nur die Spitze des Eisbergs.
Fakt ist: Über viele Themen wie Medikamentenrückstände, Mikro und Nanoplastik oder aktuell auch PFAs in unserem Trinkwasser, die wir in der WasserManufaktur aufgreifen, wird lange in Politik, Wirtshaft und Öffentlichkeit diskutiert, aber es passiert oft zu lange leider zu wenig.
Um als Konsument bedenkenlos Leitungswasser konsumieren zu können, lässt sich eine gute Trinkwasseraufbereitungsanlage zu Hause installieren. Professionelle Trinkwasseranlagen sind in der Lage Chemikalien wie PFAs sowie andere per- und polyfluorierte Chemikalien (PFC) aus dem Wasser zu entfernen und garantieren Ihnen den Genuss reinsten Wassers, frei von Schadstoffen.
Das Jahrhundergift verbreitet sich in Deutschland
Mehr dazu auch in der Pro7 Reportage: Die tödliche Chemikalie PFAS von Thilo Mischkes.
[1] Vgl. tagesschau.de: "Jahrhundertgift PFAS: Auf die lange Bank", https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/pfas-wasserversorger-101.html, Februar 2023
[2] Vgl. Definition Umweltbundesamt Per- und polyfluorierte Chemikalien (PFC)- https://www.umweltbundesamt.de/themen/chemikalien/chemikalien-reach/stoffgruppen/per-polyfluorierte-chemikalien-pfc#textpart-1
[3] Vgl. NDR: "Jahrhundertgift" PFAS: So verschmutzt ist Norddeutschland", https://www.ndr.de/nachrichten/info/Jahrhundertgift-PFAS-So-verschmutzt-ist-Norddeutschland,pfas108.html, 2023
[4] Vgl. Spiegel Wissenschaft: "Potenziell giftige PFAS könnten mehr als 1500 Orte in Deutschland belasten", https://www.spiegel.de/wissenschaft/pfas-in-deutschland-potenziell-giftige-chemikalien-koennten-mehr-als-1500-orte-belasten-a-4e77eee9-6eb6-4848-8665-db64c7b706d1, 2023
[5] Vgl. Forever Pollution Project: "Journalists tracking PFAS across Europe", https://foreverpollution.eu/, 2023
[6] Vgl. sciencemediacenter: "Mögliches Verbot der PFAS", https://www.sciencemediacenter.de/alle-angebote/rapid-reaction/details/news/moegliches-verbot-der-pfas/, Februar 2023
[7] Vgl. Zeit: Mehr als 1.500 deutsche Orte weisen giftige Chemikalien auf, https://www.zeit.de/wissen/umwelt/2023-02/pfas-giftige-chemikalien-deutschland-verschmutzung, 2023
[8] Vgl. tagesschau.de: "Jahrhundertgift PFAS: Auf die lange Bank", https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/pfas-wasserversorger-101.html, Februar 2023