Österreich war bislang bekannt für seine hohe Wasserqualität, doch jüngste Untersuchungen der Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 haben neue Ergebnisse zutage gefördert: Trifluoracetat (TFA) wurde in alarmierend hohen Konzentrationen in Leitungs- und Flaschenwasser nachgewiesen.[1] Diese Chemikalie, auch als Trifluoressigsäure bekannt, gehört zu den PFAS (Per- und Polyfluorierte Alkyl Substanzen), die aufgrund ihrer extremen Stabilität und Langlebigkeit als Umweltgifte von besonderer Bedeutung sind. In unserem Blog beschreiben wir die Eigenschaften von TFA, die gesundheitlichen Risiken, die Wege, wie TFA ins Trinkwasser gelangt, und die dringenden Maßnahmen, die erforderlich sind, um die Trinkwasserqualität zu sichern.
Was ist TFA?
Trifluoracetat (TFA) ist eine kurzkettige Perfluorcarbonsäure und das letzte Abbauprodukt vieler fluorierter Verbindungen wie PFAS, Pestiziden, Kühlmitteln und Arzneimitteln. TFA zeichnet sich durch seine extreme Stabilität, seine geringe Abbaubarkeit und seine Langlebigkeit aus. Die Chemikalie ist äußerst wasserlöslich, was dazu führt, dass sie im Boden sehr mobil ist und leicht ins Grundwasser gelangt. In der Umwelt liegt TFA hauptsächlich als Acetat vor.
Aufgrund des weit verbreiteten Einsatzes von fluorierten Verbindungen ist TFA mittlerweile in allen Umweltkompartimenten nachweisbar. Dies umfasst Grundwasser, Regenwasser, Flüsse, Meere, Boden und Pflanzen. Besonders im Sommer sind die Konzentrationen von TFA aufgrund der erhöhten photochemischen Aktivität in der Atmosphäre besonders hoch. Laut dem Bayrischen Landesamt für Umwelt und dem deutschen Umweltbundesamt sind durchschnittliche TFA-Werte im Niederschlag bei etwa 0,335 μg/L (Umweltbundesamt 2023) zu finden.[2]
Testergebnisse von GLOBAL 2000
GLOBAL 2000 führte gemeinsam mit PAN Europe umfassende Tests auf TFA in Österreich durch. Die Untersuchung umfasste 34 Leitungswasserproben aus allen neun Bundesländern sowie 19 abgefüllte Mineral- und Quellwässer. Diese Tests wurden initiiert, um die Belastung des Trinkwassers mit TFA zu überprüfen und um festzustellen, wie weit verbreitet dieses Problem ist.
Die Ergebnisse sind alarmierend: TFA wurde in 34 von 36 europäischen Leitungswasserproben und in 12 von 19 abgefüllten Mineral- und Quellwässern nachgewiesen. In Österreich wiesen alle getesteten Proben eine Belastung auf. Die Konzentrationen von TFA variierten stark, von „nicht nachweisbar“ bis zu alarmierenden 4.100 ng/L. Besonders hohe Werte wurden in den Bundesländern festgestellt, die intensiv landwirtschaftlich genutzt werden. In Deutschland sind insbesondere die Bundesländer Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen betroffen.[3]
Der folgende Überblick verdeutlicht die Belastung:
Quelle: GLOBAL 2000: "TFA -Die ewige Chemikalie im
Wasser, das wir trinken", https://www.global2000.at/sites/global/files/TFAinTrinkwasser_Report_Final_DE.pdf, 2024
Dass nur fünf von 17 Mineralwässern frei von Schadstoffen sind und selbst tief liegende Wasservorkommen nicht vor TFA-Verunreinigungen geschützt sind, liegt an der extremen Persistenz und Mobilität von TFA. Diese Eigenschaften resultieren direkt aus der chemischen Struktur der Substanz, die bereits bei ihrer Synthese bekannt war.
Wege, wie TFA ins Trinkwasser gelangt
Als Hauptquelle für TFA im Trinkwasser gelten PFAS-Pestizide. Diese Pestizide enthalten fluorierte Verbindungen, die sich zu TFA abbauen können. Die Anwendung dieser Chemikalien in der Landwirtschaft führt dazu, dass sie in den Boden gelangen und sich in Grund- und Oberflächenwasser auswaschen. Gesteigerte TFA-Konzentrationen wurden in Regionen mit intensiver Landwirtschaft nachgewiesen, was den Zusammenhang zwischen landwirtschaftlicher Nutzung und TFA-Belastung unterstreicht. Darunter Bundesländer wie Oberösterreich, Steiermark, Niederösterreich und Burgenland. Diese Ergebnisse korrelieren mit den Erkenntnissen des deutschen Umweltbundesamts, das PFAS-Pestizide als Hauptquelle für TFA im Wasser identifiziert hat.
Erfahren Sie im folgenden Video mehr darüber, wie die Ewigkeitschemikalie TFA unser Trinkwasser verseucht
Quelle: Ewigkeitschemikalie verseucht unser Trinkwasser | krone.tv NEWS (youtube.com)
Rechtliche und technische Herausforderungen
Aktuell existieren in der EU keine spezifischen gesetzlichen Grenzwerte für TFA im Trinkwasser. Das Fehlen von Qualitätsstandards für Grund- und Oberflächenwasser sowie der Mangel an einem TFA-Grenzwert für Trinkwasser führen dazu, dass die weitverbreitete chemische Verschmutzung nicht ausreichend überwacht wird. Dies stellt eine erhebliche Lücke im Schutz der öffentlichen Gesundheit dar.
Technische Herausforderungen bei der Entfernung von TFA
Die Entfernung von TFA aus dem Trinkwasser erfordert komplexe und kostspielige technische Lösungen. Die notwendigen Investitionen in fortschrittliche Wasseraufbereitungstechnologien, um TFA flächendeckend aus dem Wasser zu entfernen, wären enorm. Der Aufwand und die Kosten für die Entwicklung und Implementierung solcher Technologien wurde bislang nicht realisiert.
Gesundheitsrisiken von TFA
Eine schwerwiegende Entscheidungsgrundlage bildet die tatsächliche Risikobewertung von TFA durch die EFSA. Die EFSA legte 2014 den TDI (Tolerable Daily Intake) für TFA im Rahmen der Risikobewertung von Saflufenacil fest, einem PFAS-Pestizid, das sich in TFA abbaut. Zu diesem Zeitpunkt lagen der EFSA jedoch keine umfassenden Tierstudien zu chronischer Toxizität, Krebsgefahr, Genotoxizität, Entwicklungstoxizität, Immuntoxizität oder hormonellen Störungen vor. Die verfügbaren Daten beschränkten sich auf einige In-vitro-Tests zur Genotoxizität, die zeigten, dass TFA nicht genotoxisch ist, sowie auf eine unvollständig berichtete Rattenstudie zur Entwicklungstoxizität. Letztere führte offenbar zu der fehlerhaften Schlussfolgerung, dass TFA für den ungeborenen Fötus nicht toxisch sei. Zudem wurde eine 90-tägige Fütterungsstudie an Ratten als Grundlage für die Ableitung des TDI verwendet, da umfassendere Langzeitstudien zur chronischen Toxizität fehlten. Die Unterschätzung des Risikos von PFOA durch die EFSA führte dazu, dass bis 2018 eine "tolerierbare tägliche Aufnahme" von 1500 ng PFOA pro kg Körpergewicht und Tag als sicher galt (linker Balken). Heute gelten nur noch 0,63 ng pro kg Körpergewicht und Tag als gesundheitlich tolerierbar (rechter Balken).[4]
Quelle: GLOBAL 2000: "TFA -Die ewige Chemikalie im
Wasser, das wir trinken", https://www.global2000.at/sites/global/files/TFAinTrinkwasser_Report_Final_DE.pdf, 2024
Das Versäumnis, diese Risiken angemessen zu berücksichtigen, hat zur Zulassung von PFAS-Pestiziden geführt, die sich in TFA abbauen und eine bedeutende Quelle der TFA-Belastung im Wasser darstellen.
TFA wird rasch über die Nahrung aufgenommen und gelangt teilweise in den enterohepatischen Kreislauf – das Zirkulieren von Substanzen im Körper zwischen Darm, Leber und Gallenblase. Im Körper verteilt sich TFA, einschließlich der Plazenta, und wird über Urin und Kot wieder ausgeschieden. Obwohl die akute Toxizität von TFA als sehr gering angesehen wird, bestehen deutliche Risiken für die langfristige Gesundheit.
Studien zur akuten Toxizität von TFA zeigen, dass die chemische Verbindung hauptsächlich die Leber als Zielorgan beeinflusst. Bei Ratten, die TFA wiederholt oral erhielten, wurde eine Lebervergrößerung beobachtet. Die europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) bewertete TFA 2017 als Metabolit des fluorierten Pflanzenschutzmittels Flurtamon und legte einen Richtwert für die akzeptierte tägliche Aufnahme (ADI) von 0,05 mg/kg Körpergewicht pro Tag fest, basierend auf einer 90-Tage-Rattenstudie und einem Unsicherheitsfaktor von 200 für die Extrapolation von subchronisch auf chronisch (EFSA 2017).[5]
TFA-Konzentration in Trinkwasser und Lebensmitteln steigt
Die langlebige Chemikalie Trifluoressigsäure (TFA), konzentriert sich zunehmend in Trinkwasser und Lebensmitteln. Dies belegen aktuelle Untersuchungen der Universität Freiburg, der Umweltschutzorganisation Global 2000 sowie Recherchen im Auftrag der ARD-Sendung „Plusminus“[6]. Zwar existieren orientierende Leitwerte, jedoch fehlen rechtsverbindliche Grenzwerte, da bislang nicht abschließend geklärt ist, ab welcher Konzentration TFA für den Menschen schädlich ist. Gleichwohl warnen deutsche Behörden eindringlich vor einer wachsenden Belastung durch TFA in der Nahrungsmittelkette und im Trinkwassernetz. Problematisch ist vor allem die enorme Persistenz dieser Substanz: Einmal freigesetzt, lassen sich TFA-Moleküle praktisch nicht mehr abbauen.
Quelle: Gesundheitsgefährdende Chemikalie in Trinkwasser und Lebensmitteln nachgewiesen | Plusminus | MDR
Welche Konsequenzen hätte eine Regulierung?
Für Trifluoressigsäure (TFA) gelten die Prinzipien der Vorsorge und des Verursacherprinzips. Angesichts der nachgewiesenen Persistenz und Anreicherung von TFA in Umwelt und Organismen stellt sich die Frage, warum bisher keine rechtlichen Schranken entstanden sind. Bereits vor zwei Jahren thematisierten ein Wasserversorger und ein Kantonschemiker im Rahmen von «SRF Kassensturz» die ausbleibende Regulierung.[7]
Sollte die EU-Chemikalienagentur ECHA dem deutschen Vorschlag folgen und TFA als reproduktionstoxisch einstufen, läge der zulässige Höchstgehalt im Trinkwasser bei nur noch 0,1 µg/Liter. Dies würde eine flächendeckende Überprüfung, Einschränkung oder sogar ein Verbot aller TFA-Quellen erfordern. Eine Analyse des «Vereins ohne Gift» kommt zu dem Ergebnis, dass in der Schweiz rund 29 von etwa 300 zugelassenen Pestiziden betroffen wären, sollten entsprechende Schranken eingeführt werden.
Eine solche Regulierung würde erhebliche technische und finanzielle Anstrengungen seitens der Wasserwerke sowie der Industrie erfordern, um Abwässer auf den geforderten Standard zu reinigen. Aktuelle Messdaten zeigen jedoch, dass europaweit und auch in der Schweiz bereits Durchschnittswerte von etwa 0,7 µg/Liter im Grund- und Oberflächenwasser erreicht werden, mit lokalen Spitzenwerten von mehreren zehn Mikrogramm pro Liter.
Maßnahmen und Empfehlungen
Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass sofortige Maßnahmen erforderlich sind, um die Trinkwasserqualität zu schützen. GLOBAL 2000 fordert die Politik auf, die Verwendung von PFAS-Pestiziden zu verbieten und strengere Richtlinien für die Überwachung von Trinkwasser einzuführen. Ein umfassendes Monitoring und eine gesetzliche Regelung für TFA wird als dringender Handlungsbedarf gesehen, um die zukünftige Wasserversorgung zu sichern.
Eine Petition, die von GLOBAL 2000 initiiert wurde, fordert ein Verbot von PFAS-Pestiziden und mehr Transparenz bezüglich der Wasserqualität. Bürgerinnen und Bürger sind aufgerufen, sich zu engagieren und die Petition zu unterschreiben, um den Druck auf die politischen Entscheidungsträger zu erhöhen und eine schnelle Reaktion auf das Problem zu erzielen.
Die folgende Übersicht verdeutlicht alle notwendigen Maßnahmen:
Quelle: GLOBAL 2000: "TFA -Die ewige Chemikalie im
Wasser, das wir trinken", https://www.global2000.at/sites/global/files/TFAinTrinkwasser_Report_Final_DE.pdf, 2024 – Seite 32
Fazit
Die Entdeckung von TFA in Trinkwasserproben verdeutlicht die Dringlichkeit, sofortige Maßnahmen zu ergreifen, um die Qualität unseres Trinkwassers zu schützen. TFA, als eine der „Ewigkeits-Chemikalien“, stellt ein erhebliches Umwelt- und Gesundheitsrisiko dar. Trotz der bisherigen Forschung über TFA bleiben viele Fragen offen, und es sind umfassende Studien erforderlich, um die genauen gesundheitlichen Auswirkungen zu verstehen.
Für den langfristigen Schutz der Trinkwasserqualität ist es wichtig, auf fortschrittliche Technologien zur Wasseraufbereitung zu setzen. Hochwertige Wasserfilteranlagen bieten eine effektive Methode zur Entfernung von TFA und anderen Schadstoffen aus dem Trinkwasser.
[1] Vgl. GLOBAL 2000: "TFA -Die ewige Chemikalie im
Wasser, das wir trinken", https://www.global2000.at/sites/global/files/TFAinTrinkwasser_Report_Final_DE.pdf, 2024
[2] Vgl. AGES: "Trifluoressigsäure bzw. Trifluoracetat", https://www.ages.at/mensch/ernaehrung-lebensmittel/rueckstaende-kontaminanten-von-a-bis-z/trifluoressigsaeure-bzw-trifluoracetat-tfa, 2024
[3] Vgl. Merkur: "Trinkwasser zunehmend verunreinigt: Studie zeigt Gefahr – zwei Bundesländer besonders betroffen", https://www.merkur.de/verbraucher/grundwasser-trinkwasser-europa-deutschland-qualitaet-verunreinigt-studie-wasser-trinken-93182848.html, 2024
[4] Vgl. Vgl. GLOBAL 2000: "TFA -Die ewige Chemikalie im
Wasser, das wir trinken", https://www.global2000.at/sites/global/files/TFAinTrinkwasser_Report_Final_DE.pdf, 2024
[5] Vgl. AGES: "Trifluoressigsäure bzw. Trifluoracetat", https://www.ages.at/mensch/ernaehrung-lebensmittel/rueckstaende-kontaminanten-von-a-bis-z/trifluoressigsaeure-bzw-trifluoracetat-tfa, 2024
[6] Vgl. Gesundheitsgefährdende Ewigkeitschemikalie – TFA-Konzentration in Trinkwasser und Lebensmitteln steigt, https://www.ardmediathek.de/video/plusminus/gesundheitsgefaehrdende-ewigkeitschemikalie-tfa-konzentration-in-trinkwasser-und-lebensmitteln-steigt/das-erste/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL3BsdXNtaW51cy83OGEzNGFiYy00NTg0LTQ3MzctOTdkZC03ZDE0ZjZhMmY3YTA, 2025
[7] Vgl. Trifluoracetat ist reproduktionstoxisch, es verursacht Missbildungen bei Kaninchen. Wird es in der Schweiz in Pflanzenschutzmitteln verboten?, https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20243915, 2024